Die Belter-Gruppe ist die größte und sicherlich auch wichtigste der uns bekannt gewordenen Widerstandsgruppen an der Universität Leipzig, wobei die Konstruktion der Urteile keineswegs die wahren Geschehnisse widerspiegelt. Spionage und Landesverrat sind es bestimmt nicht, die man den Studenten um Herbert Belter vorwerfen kann. Somit sind auch die hohen Urteile – ebenso wie die Verschleppung nach Rußland – keineswegs durch ihre Taten begründet. Hier entlarvt sich ein System selbst durch den Umgang mit ihm mißliebigen Jugendlichen: die russischen „Sicherheitsorgane“ erbauen ein Netz aus Gewalt und Schweigen, daß ihre ostdeutschen „Kollegen“ bereitwillig übernehmen und perfektionieren.
Bereits die ersten Wahlen zur Volkskammer der DDR am 15.10.1950 werden begleitet vom Terror gegen die, die den neuen Staat nicht kritiklos anerkennen oder anders zu denken wagten.
Chronologie
Oktober 1949.
Beurteilungen und Berichte verzeichnen die später Verhafteten durchweg als sozial engagiert. Wenn auch die Empfehlungsschreiben dem Zweck der angestrebten Immatrikulation dienten, so war ein ausgeprägtes Interesse an Politik bereits vorhanden.
Oktober 1949 – Februar 1950.
Das erste Semester wird bestimmt von massiven Umstrukturierungen. Überall entstehen jetzt FDJ- und Studiengruppen, einen besonderen Schwerpunkt bildet dabei die Studienrichtung Chemie.
Mai / Juni 1950.
Nach dem 1. Semester beginnt Herbert Belter Kontakte zum RIAS herzustellen. Zunächst wohl als private Informationsquelle gedacht, entsteht mit den massenhaft verfügbaren Broschüren das Problem der Weitergabe: ein Netzwerk entwickelt sich, in dem Kommilitonen die Informationen an ihren Fakultäten weitergeben. Der demokratische Ideenstreit soll soeben überwundene totalitäre Strukturen nicht erneut aufbrechen lassen.
Juli – September 1950.
In den Semesterferien reißen die Kontakte unter den Kommilitonen nicht ab, der Kreis der Einbezogenen wächst an. In zumindest einem Falle werden durch die Heimreise auch Informationen über die Universität hinaus weitergegeben. Eine gewisse Eigendynamik bemächtigt sich aller Beteiligten.
Oktober 1950.
Durch seine Erfolge ermutigt, versucht Belter offensiv in die Wahlvorbereitungen zum 15. Oktober 1950 einzugreifen. Zusammen mit einem Kommilitonen verteilt er in der Nacht zum 5.10. Flugblätter und Plakate und wird dabei verhaftet.
Innerhalb weniger Tage werden weitere Beteiligte verhaftet – ein Informationssystem wird zu einem Spionagering hochstilisiert. Ein gewaltiger „Erfolg“ für den russischen Geheimdienst im Kampf gegen die Feinde des neuen Arbeitern-und-Bauern-Staates. Ende Oktober 1950. Die Verdächtigen werden zunächst von der deutschen Polizei verhaftet, später jedoch dem russischen Geheimdienst übergeben und nach Dresden geschafft.
Januar 1951.
Bei der Verhandlung vor einem sowjetischen Militärtribunal – dieser Akt erfolgte im Gegensatz zur Verfassung der DDR – werden die Verhafteten einer für stalinistische Strukturen typischen Willkürjustiz unterworfen. Die Urteile stehen längst fest.
Die Verhafteten verschwinden einfach – ihre Angehörigen bleiben über ihr Schicksal im Unklaren. Nachforschungen der Eltern und Geschwister verlaufen im Sande.
Auch über Belters weiteren Weg ist auf deutschem Boden nichts bekannt. Bis in die Mitte der 50er Jahre glaubt man an eine Aufhebung des Urteils. Aber es gab keine Gnade für ihn: am 28. April 1951 wurde er vom NKWD erschossen.
Für die anderen vergehen die Jahre ohne Aussicht auf Besserung, erst nach Jahren haben sie die ersten Kontakte zu ihren Angehörigen.
Erlösung bringen erst der Tod Stalins 1953 bzw. zwei Jahre später der Besuch Adenauers in Moskau. Die letzten von ihnen treten 1955 als „Zivilinternierte“ die Heimreise an. Die Leipziger Studenten kehren heim – in die Bundesrepublik Deutschland; was sie in der DDR erwartete, ist einfach unvorstellbar.
Die Verhafteten verschwinden einfach – ihre Angehörigen bleiben über ihr Schicksal im Unklaren. Nachforschungen der Eltern und Geschwister verlaufen im Sande. |
Auch über Belters weiteren Weg ist auf deutschem Boden nichts bekannt. Bis in die Mitte der 50er Jahre glaubt man an eine Aufhebung des Urteils. Aber es gab keine Gnade für ihn: am 28. April 1951 wurde er vom NKWD erschossen. |
Für die anderen vergehen die Jahre ohne Aussicht auf Besserung, erst nach Jahren haben sie die ersten Kontakte zu ihren Angehörigen. |
Erlösung bringen erst der Tod Stalins 1953 bzw. zwei Jahre später der Besuch Adenauers in Moskau. Die letzten von ihnen treten 1955 als „Zivilinternierte“ die Heimreise an. Die Leipziger Studenten kehren heim – in die Bundesrepublik Deutschland; was sie in der DDR erwartete, ist einfach unvorstellbar. |