Die Leipziger Studenten beugten sich nicht nur den Alltagsproblemen, sondern auch dem politische Druck der Stalinisierungswellen. Ein öffentliches Aufbegehren oder Protest war nach der letzten großen Verhaftungswelle unter den Studenten 1948 kaum noch möglich. Mit der Ausschaltung des demokratisch gewählten Studentenrates im November 1948, als der populäre Studentenvertreter Wolfgang Natonek vom russischen Geheimdienst verhaftet wurde, war auch die Zeit der öffentlichen Debatten endgültig vorbei.
Das alles war dem frisch immatrikulierten Herbert Belter vielleicht noch nicht bewußt, bald jedoch wurde er mit dem Druck, den das System auf die Studenten ausübte bekannt. Dabei waren die Studenten in seinem Umkreis, wie er selbst, durchaus sozial engagiert. Wenn auch die Empfehlungsschreiben dem Zweck der angestrebten Immatrikulation dienten, so war ein ausgeprägtes Interesse an Politik bereits vorhanden. Von den künftigen Eliten des Arbeiter-und-Bauernstaates erwartete man darüber hinaus den rückhaltlosen Einsatz für den neuen Staat, bis hin zur Selbstaufgabe. Immer wieder hörte man in dieser Zeit Klagen, sogar von den überzeugtesten Studentenfunktionären, das unter der Last der „gesellschaftspolitischen Arbeit“ ein Studium kaum noch zu absolvieren sei. Mit diesen lästigen Formalien wurde zugleich ein starker Zwang zur Anpassung auf alle Andersdenkenden erzeugt.
Zu den Äußerlichkeiten gehörten beispielsweise die flächendeckende Einführung der FDJ- und Studiengruppen, der massive Druck zum Eintritt in die FDJ und der Zwang zur Teilnahme an „gesellschaftlicher Arbeit“. Innerhalb von zwei Semestern stieg der Organisationsgrad der in der FDJ erfassten Studenten von 47% im Juli 1949, auf 90% im Oktober 1950. Zu den Schritten der sozialistischen Machtergreifung an der Universität kam hinzu, das der bisher noch frei gewählte Studentenrat eine Domäne der FDJ wurde. Im Februar 1950 gehörten nach den letzten Studentenratswahlen 22 von 24 gewählten Studentenrats-Vertretern der FDJ an.