Herbert Belter „Ich habe mich illegal betätigt…“

Soweit es ging, entzogen sich große Teile der Studentenschaft dieser Vereinnahmung, aber zugleich bewirkte die militante Indoktrinierung auch einen Gegendruck. Mit dem Verlangen nach Information über das Leben in der Westzone, über die tatsächlichen Verhältnissen in der Ostzone bzw. DDR entstand bald der Wunsch, eigene Berichte über die Ereignisse an der Universität Leipzig zu liefern und die Kommilitonen aufzuklären. In kurzer Zeit konnte Herbert Belter einen Kreis von Gleichgesinnten um sich scharen, die gemeinsam Zeitereignisse diskutierten und auch Informationen an den amerikanischen Sender RIAS weitergaben. Zu seinen Freuden zählten beispielsweise Helmut du Mênil, Werner Gumpel und Siegfried Jenkner. Aus dem Kontakt mit dem RIAS in Berlin, zunächst wohl als private Informationsquelle gedacht, entstand mit den massenhaft verfügbaren Broschüren das Problem der Weitergabe: ein Netzwerk entwickelte sich, in dem Kommilitonen Broschüren an Freunde innerhalb ihrer Fakultäten weitergaben. Das eigene Denken wollte man sich ohnehin nicht verbieten lassen. Aber darf man das eine Organisation, eine strukturierte Gruppe nennen?

“Wir waren überhaupt keine Gruppe… ein paar Studenten haben sich in der Mensa beim Essen oder abends bei einer Veranstaltung getroffen, wie man so lebt und über die Zeiten schimpft…

“Wir waren überhaupt keine Gruppe… ein paar Studenten haben sich in der Mensa beim Essen oder abends bei einer Veranstaltung getroffen, wie man so lebt und über die Zeiten schimpft… Gelegentlich sind wir nach Berlin gefahren, aus privaten Gründen, da hatte man von der ganzen Verwandtschaft eine lange Liste, was man aus West-Berlin alles mitbringen mußte,… da haben wir abgeklappert, wo man kostenlos Sachen bekommen konnte … British Information Centre, Maison de France, RIAS, Amerika-Haus, Gesamtdeutsches Referat des VDS [Verband Deutscher Studentenschaften] – da konnte man einfach reingehen…. das habe ich dann Belter gegeben und Belter hat wieder andere kennengelernt, Chemiker und Zahnmediziner… Das ist alles gewesen”, erinnert sich Siegfried Jenkner.