Walter Nienhagen

Ich wurde am 6. Mai 1927 in Leipzig geboren und besuchte die 3. Volksschule und die Nikolaischule ebenda. Mit 15 Jahren wurde ich 1943 als Luftwaffenhelfer eingezogen. Es folgten Wehrertüchtigungslager, Arbeitsdienst und Wehrdienst als Gebirgsjäger. Am 8. Mai 1945 geriet ich in jugoslawische Kriegsgefangenschaft. Aus gesundheitlichen Gründen wurde ich 1947 aus der Kriegsge­fangenschaft nach Leipzig entlassen. Nach Teilnahme an einem Kriegsteilnehmerkurs legte ich 1948 an der Nikolaischule die Reifeprüfung ab. Ab Wintersemester 1948/49 studierte ich an der Universität Leipzig Historik mit den Nebenfächern Germanistik und Geografie.

Nach meiner Heimkehr engagierte ich mich in der LDP. Mein Wirken galt einer freiheitlichen, menschlichen Ordnung einem demokratischen Rechtstaat, den wir in den hinter uns liegenden Jahren so schmerzhaft vermissen mussten. 1948 war ich Mitglied des Stadtverbandsvorstandes Leipzig der LDP.

Neben der Jugendarbeit, zuletzt als Vorsitzender des Ausschusses für Jugend- und Nachwuchsfragen, sowie als Mit­glied des Sozialausschusses, wurde ich zuletzt Mitglied des Landesjugendausschusses und Vorstand des Landessozialausschusses der LDP in Sachsen. Infolge der massiven  Behinderungen seitens SED und Be­satzungsmacht, der ständigen Bedrohung der persönlichen Freiheit war ein Eintreten für die menschliche Gesellschaft nur mit einem über die Möglichkeiten der Arbeit innerhalb einer späteren Blockpartei hinausgehenden Einsatz möglich. So gründeten wir  – auch auf meine Initiative – das Anti­kommunistische Aktionskomitee Leipzig. Mit meinen Freunden leistete ich so Widerstand gegen das kommunistische Machtstreben.

Am 11. November 1948 wurde ich durch das NKWD verhaftet. Die Untersuchungshaft verbrachte ich am Münchener Platz, in der Bautzener Landstraße in Dresden. Nach 14 Monaten wurde ich am 7. Januar 1950 von einem sowjetischen Militärgericht auf Grund des Strafgesetz­buches der Russischen Sowjetrepublik in Verbindung mit dem Gesetz  über vorübergehende Aussetzung der Todesstrafe zu 25 Jahren Arbeitslager verurteilt. Vom 13. Januar 1950 bis zu meiner Entlassung aus der Haft am 28. November 1956  –  nach über 8 Jahren  –  war ich im sogenannten  „Gelben Elend “ in Bautzen inhaftiert. Am 28.11.1956 wurde ich nach meinem Willen nach Düsseldorf entlassen. Am 21.1.1990 wurde ich von der Militärhaupt­staatsanwaltschaft der Russischen Förderation rehabilitiert. Von 1957 bis 1961 studierte ich an der Hochschule für Sozialwissenschaften in Wilhelmshaven Sozialwissenschaften und legte mein Examen zum Diplom-Sozialwirt ab. Beruflich wurde ich Angestellter im Personalbereich der Stahlindustrie. Bis zu meinem Ausscheiden war ich in den letzten 10 Jahren als Werkdirektor Leiter der Werksgruppe Siegen der Krupp-Stahl-AG.

35 Jahre war ich in der Kommunalpolitik ehrenamtlich tätig als Gemeindevertreter in Geisweid, Stadtvertreter in Hüttental und Stadtverordneter in Siegen. In der Zeit als Kreistagsmitglied war ich 15 Jahre Landrat des Kreises Siegen-Wittgenstein. Für diese Arbeit erhielt ich u.a. das Bundesverdienstkreuz am Bande, das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse und den Landesver­dienstorden NRW. Von 1970 bis 1996 war ich Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland. Von 1970 bis 1996 war ich Vorsitzender des Sozialausschusses der Evangelischen Kirche von Westfalen. Seit 1965 bin ich Vorsitzender des Sozialausschusses der Evangelischen Kreissynode Siegen.