Am 11.12.1955 traf ich in Finsterwalde ein und wurde nach Halle/Saale zu meinen Eltern geschickt. Da dort meine persönliche Sicherheit gefährdet war, fuhr ich am 25.1.1956 nach Westberlin, am 9.2.1956 nach Friedland und am 13.2.1956 nach Hannover, wo ich an der Tierärztlichen Hochschule mein Studium beendete.

Anmerkungen von Dr. Wichard Wabner und Dr. Dietrich Niepold

Bei meinen Nachforschungen zum Verbleib meiner Kommilitonen, Gerhard Rybka und Horst Maurer, stieß ich nach der Wende in der DDR auf einen Bericht aus den Parteiakten der Fakultät. In einer Art Protokoll werden die Ereignisse um den Zeitpunkt der Verhaftung von Rybka und Maurer, bzw. der Tage unserer Flucht nach Westberlin geschildert. Das Protokoll weist darauf hin, dass der Verfasser seinen politischen Monatsbericht dem politischen Sekretariat überwiesen hat. Er war also mit absoluter Sicherheit ein Mitarbeiter der Stasi. Die Eintragungen in Bezug auf die erwähnten Personen sind lückenhaft und lassen die Vermutung zu, dass der Verfasser, aus welchen Gründen auch immer, einiges bewusst verheimlicht hat. Im Protokoll wird das Verschwinden von drei Studenten des sechsten Semesters beschrieben, wir waren aber vier Personen. Der Name Gerhard Rybka wird erwähnt, der Name Horst Maurer aber wird nicht genannt oder bewusst verschwiegen. Zur Ergänzung noch folgende Anmerkungen: Meine Freunde und ich waren Kriegsteilnehmer, zum Teil schwerverwundet, heimatlos und bereit im demokratischen Sozialismus mitzuarbeiten und Verantwortung zu übernehmen. Im Verlaufe des Studiums haben wir uns zu einer Wohn- und Arbeitsgemeinschaft zusammen gefunden. Die Veränderungen der politischen Gegebenheiten in der ehemaligen DDR, vor allem der politische Zwang und die zum Teil sinnlosen Lippenbekenntnisse machten uns zu Kritikern der SED. So nahmen wir Kontakte zu westlichen Universitäten und nach Westberlin auf. Wir hatten Verbindungen zu Wissenschaftlern und Studenten in Berlin und wussten um die Gründung einer Freien Universität. Nachdem wir befürchteten, dass Gerhard Rybka verhaftet sein könnte, beschlossen wir, mit Ausnahme von Gerald Dömeland, die DDR zu verlassen und in West-Berlin so lange zu bleiben, bis das Schicksal von Rybka geklärt war. Niepold fuhr direkt nach Berlin, während Maurer und ich zuerst nach Halle fuhren, um unsere Angehörigen zu verständigen. Ich fuhr wie vereinbart am nächsten Tage nach Westberlin. Einige Tage später erschienen im Hause meiner Mutter mehrere russische Polizisten und fragten sie nach meinem Verbleib. Sie stellte sich unwissend und erklärte den Polizisten, dass ich sie im Verlaufe des Tages besuchen wollte, um saubere Wäsche abzuholen. Durch mein Verschwinden hat sie keine Nachteile erlitten.

Maurer kehrte jedoch zurück nach Leipzig, um Studienunterlagen zu sichern; er wollte auch seine Frau überreden, mit nach Berlin zu gehen. Er wurde auf dem Fakultätsgelände von russischen und deutschen Polizisten am 25.4.1951 verhaftet und verbüßte fünf Jahre Lagerhaft in Workuta. Dieser Verhaftungsvorgang war der gesamten Fakultät bekannt und führte, wie im Protokoll beschrieben, zu Unruhen unter den Professoren und Studenten.